Nach zwei Jahren digitalen Vorlesens waren die analogen Landesentscheide 2022 gleichzeitig altbekannt und aufregend neu. Die Jury saß den Vorleser*innen wieder direkt gegenüber statt vorbereitete Videos zu sichten. Dies bedeutete auch, dass die Schonfrist vorbei war und der gefürchtete Fremdtext wieder gelesen werden musste. Dafür konnten die Kinder – und die Erwachsenen am Ende auch – den festlichen Rahmen und das Miteinander genießen. Auch die einleitende Lesung durch eine*n bekannte*n Kinderbuchautor*in konnte wieder stattfinden.
Am 18. Mai 2022 wurde es ernst. Im Gotischen Haus in Brandenburg an der Havel befanden sich aufgeregte Kinder, Eltern und eine gespannte Jury endlich wieder einmal im selben Raum. Die fünfköpfige Jury, bestehend aus Tamara Bach (Autorin), Nadin Sternberg (Fouqué-Bibliothek, Brandenburg), Red Violet und Katetschen-Bernd (Stinknormale Superhelden e.V.) und Bernadette Lange (Börsenverein Berlin-Brandenburg), konnte das Vorlese-Ereignis wieder live und in Farbe genießen. Sogar der Oberbürgermeister von Brandenburg a.d.H. Steffen Scheller ließ sich die Gelegenheit nicht nehmen und schaute vorbei, um den Kindern viel Glück zu wünschen und bei der zweiten Runde zuzuhören. Die sechs Vorleser*innen ließen sich durch den hohen Besuch aber nicht aus der Ruhe bringen und lasen noch einmal genauso gut wie in Runde eins. Sie leisteten sich kaum Versprecher und verschluckten keine Silben oder Wörter. Was die Entscheidung für die Jury natürlich nicht leichter machte. Stattdessen lief es auf Fragen hinaus wie: Wie sieht es mit der stimmliche Interpretation des Textes aus? Wurde die Grundstimmung dem Publikum gegenüber gut rübergebracht? Nach eingehender Diskussion konnte sich die Jury dann einigen: Lev Held von der Grundschule Rangsdorf wird das Land Brandenburg beim Bundesentscheid am 21. Juni vertreten.
Eine Woche später am 25. Mai 2022 fand dann der Landesentscheid in Berlin statt. Im Berlin-Saal der Zentral- und Landesbibliothek versammelten sich 12 Vorleser*innen, ein Publikum aus Eltern und Freund*innen und die Jury, um herauszufinden, wer Berlin im Bundesfinale vertreten wird. Die Jury – Tamara Bach (Autorin), Maxime Rehai (Sieger im Vorlesewettbewerb der Europaschulen 2022), Helena Pietschmann (Vorjahressiegerin Landesentscheid Berlin), Tim Holland und Bernadette Lange (Börsenverein Berlin-Brandenburg) – hatte es erneut nicht leicht. 12 Lesungen, alle ganz individuell und auf höchstem Niveau, galt es zu bewerten. Wem hing das Publikum am meisten an den Lippen? Wer hat den unbekannten Text souverän interpretiert? Wie jedes Jahr machte sich die Jury die Entscheidung nicht leicht, aber am Ende herrschte Einigkeit. Marie Auffarth hat mit ihrer Interpretation von Wolfgang Herrndorfs »Tschick« überzeugt und wird im Juni für Berlin ins Finale einziehen.