Fast schon altbekannt war das Verfahren beim diesjährigen Vorlesewettbewerb. Waren die Vorentscheidungen in den Klassen und Schulen noch analog, musste, bedingt durch die Coronapandemie, Anfang des Jahres wieder auf digitale Entscheide umgestellt werden. Wie im letzten Jahr wurden also von den Teilnehmer*innen ab den Kreisentscheidungen Videos vorproduziert und der gefürchtete »Fremdtext«, den die Leser*innen nach einem selbst gewählten Text prima vista erfassen und interpretieren müssen, entfiel. Entfallen musste aber leider auch der festliche Rahmen, den die Landesentscheide sonst bieten: Also wieder keine Lesung durch prominente Kinderbuchautor*innen, kein gemeinsames Hinfiebern vor Beginn, kein brandender Applaus von Mitschüler*innen nach der Lesung auf dem Podium. Nur die Jurys trafen sich analog, aber mit Sicherheitsabstand bzw. negativ getestet, um die Videos gemeinsam zu begutachten und zu diskutieren.

Landesentscheid Brandenburg

In Brandenburg an der Havel fand am 19. Mai 2021 die Entscheidung für das Land Brandenburg in der Fouqué-Bibliothek statt. In der Kinderbuchabteilung der Bibliothek wurden die Videos der 6 besten Vorleser*innen gesichtet. Die Jury, bestehend aus Cornelia Stabrodt (Leitung Fouqué Bibliothek), Jane Fanselow (Leitung Kinderbibliothek Fouqué Bibliothek), Thomas Messerschmidt (MOZ), Dorina Neie (Wichern Buchhandlung) und Tim Holland (Börsenverein Berlin-Brandenburg), hatte es nicht leicht: In den Videos waren selbst beim genausten Hinhören kaum Versprecher oder verschluckte Silben wahrzunehmen. Stattdessen musste genau auf den Rhythmus und die passende Interpretation der Textstellen geachtet werden. Zwischen leisen Sequenzen und actionreichen Momenten wurde hin und her gespult um qualitative Unterschiede auszumachen. Nach eingehender Beratung konnte sich die Jury entscheiden: Rosalie Schülke aus der 6. Klasse des Friedrich-Schiller-Gymnasiums in Königs Wusterhausen überzeugte mit ihrer Lesung der »Duftapotheke« von Anna Ruhe. Rosalie wird als beste Vorleserin Brandenburgs das Land im Bundesentscheid im September vertreten.

Landesentscheid Berlin

Auch in Berlin war die Jury bereits eingeübt ins digitale Verfahren und die 12 Videos der Bezirksieger*innen wurden von der fünfköpfigen Jury in einer analogen Sitzung nacheinander begutachtet. Am 26. Mai 2021 fand die Jurysitzung zum Landesentscheid Berlin in der Amerika-Gedenkbibliothek statt. Das Niveau der Einreichungen war wieder ausgesprochen hoch. Und wieder wurde diskutiert: Sind Dialoge einfacher vorzulesen als erzählende Parts? Wie stark sollte man die Figurenrede interpretieren? Die sehr unterschiedlichen Titel von »Die Kurzhosengang« bis zu »Der König von Narnia« verlangten der Jury darüber hinaus differenzierte Beurteilung ab. Karen Gröning (Lektorin Kinder- und Jugendbuch, Amerika-Gedenkbibliothek), Paula Schiemann (FSJ, Zentral- und Landesbibliothek Berlin), Ina Taege (Wolfdietrich-Schnurre-Bibliothek, Pankow), Hannah, Schleusner (Siegerin Vorlesewettbewerb Berlin 2019/2020) und Tim Holland (Börsenverein Berlin-Brandenburg) waren sich am Ende dennoch einig: Im Bundesfinale wird Helena Pietschmann von der Evangelischen Schule Pankow für das Land Berlin antreten. Ihre Interpretation von Per Olov Enquists »Großvater und die Wölfe« beeindruckte die Jury sehr.

Halb digital, halb analog – die Landesentscheide 2021

Teilnehmer*innen des Landesentscheid Brandenburg
Die Jury (v.l.n.r.): Jane Fanselow, Cornelia Stabrodt, Dorina Neie, Tim Holland – nicht im Bild Thomas Messerschmidt
Teilnehmer*innen des Landesentscheid Berlin
Teilnehmer*innen des Landesentscheid Berlin
Die Jury (v.l.n.r.): Tim Holland, Karen Gröning, Hannah Schleusner, Ina Taege, Paula Schiemann